Tubeless fahren – lohnt sich der Umstieg wirklich?
Du hast von Tubeless-Systemen gehört und überlegst, dein Bike auf schlauchlose Reifen umzurüsten? Ich war anfangs auch skeptisch: Dichtmilch, Kompressor, Sauerei? Aber nach meiner ersten Gravel-Tour mit Tubeless war klar: Das will ich nicht mehr missen. In diesem Beitrag teile ich meine Erfahrungen mit dir, erkläre Vor- und Nachteile, zeige dir Schritt für Schritt, wie du umrüsten kannst – und worauf du bei Pflege, Luftdruck und Touren achten solltest.
Was bringt dir Tubeless wirklich?

Der größte Vorteil ist für mich ganz klar der Pannenschutz. Kleine Durchstiche durch Dornen oder Glasscherben? Dichtmilch dichtet das in Sekunden ab, oft ohne dass du es überhaupt merkst. Kein Schlauch, der platzen kann – gerade bei ruppigen Passagen im Wald ein echter Segen.
Auf einer Tour durchs Allgäu bin ich mit klassischem Setup zweimal liegen geblieben – einmal wegen Dornen, einmal wegen Snakebite. Mit Tubeless hatte ich später auf derselben Strecke null Probleme – die Dichtmilch hat jedes Mal zuverlässig versiegelt.
Dazu kommt: Du kannst mit weniger Luftdruck fahren – oft nur 1,5–2,0 bar –, was auf Schotter und Wurzelpassagen deutlich mehr Komfort und Grip bringt. Ich hab’s bei einer Alpenquerung gemerkt – das Rad lief spürbar runder, gerade bergab auf losem Untergrund. Und auch wenn der Unterschied beim Rollwiderstand nicht riesig ist: Auf langen Strecken macht sich jedes Watt bezahlt.
Mit Schlauch musst du meist mehr Druck fahren, um Durchschläge zu vermeiden – das geht auf Kosten der Traktion und des Komforts. Tubeless erlaubt dir einfach mehr Spielraum bei gleichzeitig geringerer Pannenanfälligkeit.
Welche Nachteile gibt es?
Die Erstmontage kann fummelig sein – ich hab beim ersten Versuch fast eine Stunde gebraucht, bis der Reifen endlich dicht saß. Ohne Kompressor oder Booster-Pumpe wird das schwer. Und ja: die Milch trocknet mit der Zeit ein. Ich kontrolliere alle paar Monate und fülle nach.
Gerade bei der ersten Befüllung kann es sein, dass der Reifen in der ersten Nacht fast leer ist. Das ist nicht unnormal – die Milch verteilt sich erst mit der Zeit gleichmäßig und dichtet alle Poren ab. Ich pumpe anfangs zwei-, dreimal nach, bis der Druck stabil bleibt.
Ein Problem, das ich selbst hatte: Nicht jeder tubeless-ready Reifen sitzt gut auf jeder Felge. Manche Kombinationen sind extrem stramm oder dichten erst nach viel Nacharbeit. Hier lohnt es sich, vorher Erfahrungsberichte zu lesen oder beim Händler nachzufragen.
Hinweis aus der Praxis: Tubeless ist kein Wundermittel – nicht jeder Reifen passt auf jede Felge, und größere Risse dichten auch mit Milch nicht zuverlässig. Ein Ersatzschlauch gehört immer ins Gepäck.
Wenn du dein Bike nur selten fährst, kann Tubeless sogar nerviger sein als ein Schlauch. Gerade im Winter bei Minusgraden wird die Milch zäh, da habe ich auf Tour immer einen Notfallschlauch dabei – sicher ist sicher. Auch Ventile können verstopfen. Also: Etwas Pflege gehört dazu.
Tubeless vs. Schlauch – Welches System passt zu dir?
Schlauchsysteme sind nach wie vor weit verbreitet – und das aus gutem Grund. Sie sind einfach zu montieren, schnell gewechselt und für viele Alltagsfahrer:innen vollkommen ausreichend. Wer sein Bike nur gelegentlich nutzt, auf Asphalt bleibt und keine Pumpe mit Boost-Kammer besitzt, ist mit Schläuchen meist wartungsärmer unterwegs.
Tubeless-Systeme dagegen punkten vor allem bei sportlicher Fahrweise, auf Schotter, Wurzeln und Trails. Die Möglichkeit, mit reduziertem Luftdruck zu fahren, bringt spürbar mehr Komfort und Traktion. Ich selbst habe den Unterschied auf einer Alpenquerung deutlich gemerkt: Das Bike lief ruhiger, der Grip war in Kurven besser – und die lästigen Dornenpannen? Geschichte.
Entscheidungshilfe: Wenn du regelmäßig fährst, Touren planst oder auch mal offroad unterwegs bist, lohnt sich der Umstieg. Für gelegentliche Ausfahrten oder Citybikes kann der klassische Schlauch die praktischere Lösung sein.
Eigenschaft | Tubeless | Schlauch |
---|---|---|
Pannenschutz | Sehr gut bei kleinen Durchstichen (Milch versiegelt) | Begrenzt – platzt bei Snakebites oder Dornen |
Montageaufwand | Höher – spezielles Setup und Dichtmilch nötig | Einfach – auch unterwegs problemlos machbar |
Luftdruck | Niedriger möglich → mehr Grip und Komfort | Höher nötig → weniger Komfort |
Wartung | Milch kontrollieren, Ventile reinigen | Kaum – Schlauch tauschen bei Panne |
Ersatz auf Tour | Plug-Tool oder Schlauch als Backup | Neuer Schlauch – Standardmethode |
Geeignet für | Sportlich orientierte Fahrer:innen, Touren, Gelände | Gelegenheitsfahrer:innen, Alltag, Stadtverkehr |
Ich würde jedem raten, Tubeless zumindest einmal auszuprobieren – zum Beispiel beim nächsten Reifenwechsel. Denn der Unterschied macht sich nicht nur auf dem Papier bemerkbar, sondern direkt im Fahrgefühl.
So rüstest du dein Bike auf Tubeless um – Schritt für Schritt
1 Kompatibilität prüfen: Felge und Reifen müssen „tubeless-ready“ sein. Das steht meist direkt auf dem Reifen oder auf der Felgeninnenseite. Wenn du unsicher bist: Händler fragen oder auf der Website nachsehen.
2 Felgenband montieren: Das spezielle Tubeless-Felgenband muss straff und überlappend sitzen – keine Falten oder Lücken. Ich rolle das Band mit einem alten Löffelgriff fest, um Blasen zu vermeiden.
3 Ventil einsetzen: Tubeless-Ventil durch das Felgenloch stecken, Dichtung anziehen, damit keine Luft entweicht. Ventilkern später zum Befüllen entfernbar lassen.
4 Reifen einseitig aufziehen: Eine Seite komplett auf die Felge drücken. Die zweite Seite bleibt für die Dichtmilch offen.
5 Dichtmilch einfüllen: 60–100 ml Dichtmilch einfüllen – entweder direkt in den offenen Reifen oder mit Spritze durchs Ventil (Kern vorher rausdrehen!).
6 Reifen schließen: Zweite Reifenwulst vorsichtig einziehen. Falls es schwer geht, mit warmem Wasser anfeuchten – flutscht besser!
7 Aufpumpen: Am besten mit Kompressor oder Booster – Ziel: 3–4 bar, damit die Reifenwulst sauber in die Felge springt.
8 Dichtmilch verteilen: Reifen horizontal halten, schütteln, drehen, kurz rollen. Ich lege das Bike dann flach und drehe es alle 15 Minuten eine Vierteldrehung.
Mein Tipp: Fahr den Reifen die ersten Kilometer mit etwas mehr Druck – das hilft beim finalen Dichten. Nach 24 Stunden kannst du auf deinen gewohnten Luftdruck runtergehen.
Pflege und Kontrolle – so bleibt dein System dicht

1 Dichtmilch prüfen: Ich checke alle 2–3 Monate, ob noch genug Milch im Reifen ist. Einfach das Rad schütteln und hören, ob’s schwappt – oder kurz einseitig abziehen. Manche wiegen den Reifen vorher/nachher, aber das ist eher was für Nerds.
2 Nachfüllen: Wenn nix mehr schwappt, ist es Zeit nachzufüllen. Dafür drehe ich den Ventilkern raus und fülle neue Milch mit der Spritze ein. Pro Reifen etwa 50–80 ml, je nach Breite und Fahrstil.
3 Ventil reinigen: Wenn beim Aufpumpen nichts mehr geht, ist das Ventil wahrscheinlich dicht. Ich baue es dann aus und spüle es mit warmem Wasser durch – funktioniert fast immer. Ein Ventilkernschlüssel gehört für mich ins Werkzeugtäschchen.
4 Keine aggressiven Reiniger: Wenn du den Reifen reinigen willst: Finger weg von Lösungsmitteln. Ein feuchter Lappen reicht. Milchreste lassen sich einfach abwischen – alles andere beschädigt Dichtungen oder Gummis.
Mein Tipp: Je wärmer es draußen ist, desto schneller trocknet die Milch ein. Ich kontrolliere im Sommer öfter – und lagere das Rad im Winter nie unter 5 °C.
7 Tipps aus der Praxis
Plug-Tool & CO2-Kartusche gehören ins Gepäck
Ich hatte mal einen Cut im Reifen mitten im Nirgendwo – die Milch hat’s nicht geschafft, aber mit dem Wurm war ich in fünf Minuten wieder unterwegs. CO2-Kartusche rein, weiter geht’s. Ohne das Ding wär’s zu Fuß heimgegangen.
Lieber zu viel Dichtmilch als zu wenig
Ich fahr lieber mit 100 ml pro Reifen – klar, das ist schwerer, aber eine dicht bleibende Pannenspur ist mir lieber als eine Überraschung kurz vorm Ziel.
Verstopfte Ventile sind kein Weltuntergang
Wenn beim Pumpen nix mehr geht, ist oft einfach nur Milch im Weg. Ich baue die Ventile alle paar Monate aus, spüle sie durch und schraube sie mit Gefühl wieder rein.
Wähle deine Reifen mit Bedacht
Ich hab’s erlebt: ein „tubeless-kompatibler“ Reifen, der einfach nie wirklich dicht wurde. Seitdem achte ich auf gute Bewertungen – und teste neue Reifen erst am Hinterrad. Da ist der Wechsel einfacher.
Hochdruck hilft nach der Montage
Ich fahr neue Tubeless-Reifen immer erst mit 3,5–4 bar ein – das verteilt die Milch ordentlich und minimiert Druckverlust in der ersten Nacht.
Lagere dein Bike frostfrei
Im Winter lagere ich mein Rad nicht in der unbeheizten Garage – unter 5 Grad wird die Milch zäh, Dichtleistung sinkt. Lieber Keller oder Wohnzimmer (wenn erlaubt 😉).
Ein Schlauch gehört trotzdem immer dazu
Auch wenn du voll auf Tubeless setzt: Ein Ersatzschlauch gehört immer in den Rucksack. Ich hab’s einmal vergessen – nie wieder!
Fazit: Tubeless läuft zuverlässig – aber nur, wenn du dich etwas darum kümmerst. Mit ein bisschen Routine wird das Setup wartungsarm und pannenfrei.
Weiterführende Tipps und Links
Wenn du tiefer in verwandte Themen eintauchen möchtest – hier zwei hilfreiche Anlaufstellen von etablierten Organisationen:
- ADFC: Der richtige Reifen
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club erklärt, welche Reifen (z. B. tubeless-ready) wann sinnvoll sind – von Reifendruck bis Pannenschutz :contentReference[oaicite:1]{index=1}. - ADAC: Pannenhilfe für Fahrräder
Der ADAC-Pannendienst gibt Tipps zum Reifendruck, zur Ausrüstung im Pannenset und wann Hilfe sinnvoll ist :contentReference[oaicite:2]{index=2}.
Zusätzlich findest du hier weitere hilfreiche Artikel auf unserer Seite:
-
Bremsbeläge richtig wechseln
Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du deine MTB-Scheibenbremsbeläge tauschst, inklusive Einbremsen und Fehlervermeidung. -
Hydraulikbremsen entlüften
Detaillierte Anleitung für saubere Bremskraft – mit Werkzeugtipps und Sicherheitshinweisen. -
Multitools für unterwegs
Vergleich verschiedener Fahrrad-Multitools – was wirklich auf Tour dabei sein sollte und worauf du beim Kauf achten musst.
Fazit
Tubeless hat für mich vieles einfacher gemacht – weniger Pannen, mehr Komfort, besserer Grip auf losem Untergrund. Klar, der Anfang war etwas fummelig und ich musste ein paar Sachen lernen, aber unterm Strich will ich nicht mehr zurück zum Schlauch.
Wenn du regelmäßig unterwegs bist, gern auch mal abseits vom Asphalt fährst und keine Lust hast, wegen Dornen oder Snakebites liegen zu bleiben – probier’s aus. Das Setup ist heute einfacher als früher, und mit ein bisschen Pflege läuft’s auch langfristig zuverlässig. Für Einsteiger:innen ist es vielleicht ein kleiner Mehraufwand – aber der lohnt sich.
Und wenn’s doch mal schiefgeht? Schlauch einlegen, weiterfahren. Genau dafür ist der Rucksack ja da.
Häufige Fragen zu Tubeless
Muss ich spezielle Reifen für Tubeless nutzen?
Ja, "tubeless-ready" Reifen sind Pflicht. Normale Reifen halten die Luft meist nicht ausreichend.
Was kostet der Umstieg?
Je nach Setup etwa 40 bis 70 Euro: Milch, Ventile, Felgenband. Wenn du keinen Kompressor hast, ggf. noch eine passende Pumpe.
Kann ich Tubeless auch im Winter fahren?
Ja, aber Dichtmilch kann bei Kälte zäh werden. Kontrolliere sie regelmäßig und lagere das Rad nicht zu kalt.
Was mache ich bei größeren Reifenpannen?
Ein Plug-Tool hilft bei Löchern bis ca. 5 mm. Für alles darüber: Milch raus, Schlauch rein und weiter geht’s.