Entschleunigt durch die Alpen – Mit dem Rad von Garmisch nach Südtirol
Eine mehrtägige Radtour über die Alpen klingt für viele nach sportlicher Herausforderung und durchgeplantem Abenteuer. Für mich war es vor allem eines: eine Reise zu mir selbst. In diesem Bericht erzähle ich dir, wie ich in drei Tagen mit meinem Tourenrad von Garmisch-Partenkirchen über Tirol nach Südtirol gefahren bin. Keine Rekorde, kein Stress, dafür viele stille Momente, beeindruckende Ausblicke und das gute Gefühl, sich einfach rollen zu lassen.
Warum ich die Alpenroute gewählt habe

Die Idee entstand aus einer Mischung aus Fernweh und dem Wunsch nach Klarheit. Ich wollte raus aus dem Alltag, aber nicht fliegen. Stattdessen suchte ich eine Strecke, die sowohl landschaftlich beeindruckt als auch mental entschleunigt. Die Route von Garmisch nach Meran hat genau das versprochen – und gehalten.
Besonders reizvoll war für mich die Kombination aus alpinem Panorama, kleinen Weilern mit regionaler Architektur und der Möglichkeit, auch abseits touristischer Hotspots unterwegs zu sein. Schon in der Planungsphase hat mich die Route entlang der Via Claudia Augusta fasziniert – ein historischer Handelsweg, der heute als Radroute ausgebaut ist. Die Vorstellung, auf jahrhundertealten Spuren durch die Alpen zu radeln, hat mich begeistert.
Außerdem wollte ich bewusst auf Flugreisen verzichten und zeigen, dass man auch mit dem Fahrrad große Distanzen überwinden und echte Abenteuer erleben kann. Die Alpenüberquerung mit dem Fahrrad war für mich nicht nur ein sportliches Ziel, sondern auch ein Statement für nachhaltiges Reisen und inneres Gleichgewicht.
Etappe 1: Garmisch – Mittenwald – Innsbruck
Gestartet bin ich morgens in Garmisch. Der Weg nach Mittenwald führt über kleine Nebenstraßen und Radwege, immer mit Blick auf das Karwendelmassiv. In Mittenwald legte ich eine erste Pause am Bach ein, bevor es weiter über Scharnitz und den Isarursprung nach Seefeld ging. Der Anstieg dorthin ist knackig, aber die Aussicht entschädigt. Ab Seefeld geht es bergab durchs Inntal bis nach Innsbruck. Dort übernachtete ich in einer kleinen Pension am Stadtrand und belohnte mich mit Tiroler Käsespätzle.
GPX & Höhenprofil zur Etappe

Diese Etappe bietet eine abwechslungsreiche Mischung aus kleinen Talwegen, knackigem Anstieg bei Seefeld und der Abfahrt nach Innsbruck. Die Route folgt gängigen Radwegen und ist GPS-tauglich.
Etappe 2: Innsbruck – Landeck – Nauders
Die zweite Etappe führt entlang des Inns über gut ausgebaute Radwege. Wer möchte, kann hier viele Kilometer entspannt rollen. In Landeck wird das Tal enger, die Landschaft alpiner. Ich entschied mich für eine Übernachtung in Nauders, kurz vor dem Reschenpass. Der Anstieg dorthin war anstrengend, aber landschaftlich ein Traum. Besonders abends, wenn das Licht weich wird und die Berge glühen, war ich einfach nur dankbar.
GPX & Höhenprofil zur Etappe

Die Strecke folgt dem Inntal auf gut befahrbaren Wegen mit moderatem Anstieg nach Nauders. Perfekt für sportliche Genussradler.
Hintergründe zur Route & Region

Die Strecke von Garmisch nach Meran folgt größtenteils der historischen Via Claudia Augusta, einem antiken Handelsweg, der bereits zur Römerzeit die Alpen überquerte. Heute ist die Route als Fernradweg hervorragend ausgebaut und bietet neben landschaftlicher Schönheit auch viele kulturelle Highlights.
Die Region entlang der Strecke ist reich an Geschichte und Tradition. Vom bayerischen Garmisch-Partenkirchen mit seiner berühmten Lüftlmalerei über das Tiroler Inntal bis hin zum Vinschgau in Südtirol: Überall begegnet man Zeugnissen alter Baukunst, regionaler Küche und gelebter alpiner Kultur.
Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke
- Partnachklamm (Garmisch): Spektakuläre Schlucht mit Steigen und Wasserfällen. Website
- Altstadt Mittenwald: Berühmt für Geigenbau-Tradition und bemalte Häuser. Infos
- Isarursprung bei Scharnitz: Beginn des Flusses in wilder Naturlandschaft. Wanderinfo
- Innsbruck Altstadt: Goldenes Dachl, Hofburg & alpine Hauptstadtflair. Tourismus
- Schloss Landeck: Wehranlage über dem Inntal, mit Museum. Website
- Reschensee mit Kirchturm: Fotomotiv & Symbol für das Vinschgau. Mehr erfahren
- Meran: Kurstadt mit Thermen, Palmen und mediterranem Flair. Offizielle Seite
Reschenpass: Der symbolische Grenzübertritt
Die Alpenüberquerung mit dem Fahrrad ist nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine emotionale Reise – und nirgendwo wird das deutlicher als am Reschenpass. Auf rund 1.504 Metern über dem Meer markiert er den Übergang von Tirol nach Südtirol und damit auch von Österreich nach Italien. Für viele Radreisende ist dieser Moment ein Meilenstein – der höchste Punkt der Tour, das Tor zur Via Claudia Augusta und der Einstieg in das weite Vinschgau.
Der Reschenpass ist für Fahrradtouren hervorragend erschlossen. Der gut ausgebaute Radweg verläuft entlang der alten Römerstraße, vorbei an weidenden Kühen und historischen Wegzeichen. Besonders eindrucksvoll ist der Blick auf den Reschensee mit dem berühmten versunkenen Kirchturm von Alt-Graun – ein ideales Fotomotiv und Rastpunkt. Wer hier steht, hat es geschafft: Die Auffahrt liegt hinter dir, vor dir breitet sich das sonnige Südtirol aus.
Mit dem Tourenrad oder Gravelbike ist der Grenzübertritt über den Reschenpass nicht nur gut machbar, sondern geradezu ein Genuss. Der weitere Weg folgt dem Etschradweg bergab durch das Vinschgau – eine der beliebtesten Radstrecken in Italien. Wenn du diese Tour planst, solltest du diesen Moment bewusst erleben: Er ist der emotionale Höhepunkt jeder Alpenüberquerung mit dem Fahrrad.
Etappe 3: Über den Reschenpass ins Vinschgau
Der Reschenpass ist technisch unspektakulär, aber symbolisch ein Meilenstein. Auf rund 1.500 Metern hört Tirol auf und Südtirol beginnt. Der bekannte Kirchturm im Reschensee war mein erstes Fotomotiv. Ab hier rollte ich kilometerlang bergab durch das Vinschgau. Apfelplantagen, kleine Dörfer und der Duft von Sommer. Ich ließ mir Zeit, hielt oft an, genoss regionale Spezialitäten und kam am Nachmittag in Meran an. Müde Beine, aber ein freier Kopf.
GPX-Daten & Höhenprofil zur Etappe 3

Persönliche Highlights unterwegs
- Frühstück mit Blick auf die Zugspitze in Garmisch
- Der Moment, wenn du Seefeld erreichst und das Tal zu deinen Füßen liegt
- Die Einsamkeit am Morgen in Nauders, bevor der Pass ruft
- Der Duft der Apfelbäume im Vinschgau
- Ein Espresso in Meran unter Palmen nach drei Tagen im Sattel
Tipps zur Planung & Ausrüstung
- Fahrradwahl: Ein Tourenrad oder Gravelbike mit Gepäckträger ist ideal. Wichtiger als Geschwindigkeit ist Komfort.
- Unterkünfte: Kleine Pensionen entlang der Strecke lassen sich kurzfristig buchen. Ich habe bewusst auf feste Reservierungen verzichtet.
- Packliste: Regenjacke, Ersatzschlauch, Powerbank, Sonnencreme, Snackriegel, Wasserflasche, Stirnlampe, Kettenschloss.
- Navigation: Offline-Karten auf dem Handy reichen völlig. Beschilderung ist meist sehr gut – ergänzend hilft ein GPS-Gerät mit GPX-Track.
- Fitness-Tipp: Wer vorher ein paar Höhenmeter trainiert, kommt entspannter über den Reschenpass.
- Fahrradpflege: Kette vor der Tour schmieren, Reifendruck prüfen, Multitool griffbereit halten.
- Empfohlene Reisezeit: Mai bis September – im Frühling blüht das Vinschgau, im Herbst leuchten die Apfelhaine.
- Tipp: Lies auch unseren Beitrag zur Fahrradtaschen im Vergleich – damit du weißt, wie du dein Gepäck clever packst.
Was ich von dieser Reise mitgenommen habe
Mehr als Kilometer und Höhenmeter habe ich vor allem Ruhe mitgenommen. Die Erkenntnis, dass man nicht weit reisen muss, um sich selbst zu begegnen. Dass es okay ist, langsam zu sein. Und dass ein Fahrrad nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch Begleiter fürs Herz sein kann.